May Ayim Ring Münster

Ein antirassistischer Verein

Weißes Leben in Schwarzer Haut

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Florence Brokowski-Shekete liest beim May Ayim Ring im Bennohaus

Im vergangenen Jahr veröffentlichte Florence Brokowski-Shekete beim Orlanda-Verlag ihr autobiografisches Buch „Mist, die versteht mich ja!“. Im Spiegel-Bestseller erzählt die 1967 in Hamburg geborene Tochter eines Studentenpaares aus Nigeria ihr Leben. Am Samstag (6. November 2021) war Brokowski-Shekete beim May Ayim Ring Münster im voll besetzten Bennohaus zu Gast.

„Rückblickend war es eine schöne Kindheit, behütet, idyllisch, warmherzig.“

Florence Brokowski-Shekete

Schon sehr früh, sie war noch keine zwei Jahre alt, gaben ihre Eltern Florence bei einer allein lebenden selbständigen Schneiderin in Buxtehude ab. Das von ihrer Pflegemutter Irmgard Brokowski „Flori“ gerufene Kind nannte vom ersten Tag an ihre Pflegemutter „Mama“. Sie wuchs zwar in finanziell prekären Verhältnissen auf, aber die in der örtlichen St.-Paulus-Kirchengemeinde aktive Pflegemutter wurde von Mitgliedern der Gemeinde immer wieder unterstützt.

Die leiblichen Eltern der kleinen Florence waren für das Mädchen nur noch wenig präsent, so dass das Mädchen, damals praktisch die einzige Schwarze in Buxtehude, wie eine Deutsche mit schwarzer Haut aufwuchs.

Dreieinhalb Jahre in Lagos

Jäh unterbrochen wurde das Leben des sogar plattdüütsch sprechenden Mädchens, als ihre Eltern sie im Alter von neun Jahren mit in ihre Heimat nach Lagos, der Hauptstadt Nigerias, nahmen. „Es waren keine schönen dreieinhalb Jahre in Afrika“, erinnerte sich Florence Brokowski-Shekete, der das Leben der Afrikaner*innen bis heute sehr fremd blieb. Mit Hilfe einer Lehrerin der deutschen Schule in Lagos siedelte Florence Brokowski-Shekete 1979 wieder zurück zu ihrer „Mama“ und machte anschließend eine vorbildliche Karriere. Über Studium, Selbständigkeit, Vertretungsjobs als Lehrerin wurde Florence Brokowski-Shekete schließlich in Baden-Württemberg die erste Schwarze Schulleiterin und später sogar Schulamtsdirektorin.

Wo kommen Sie eigentlich her?

Natürlich machte die Autorin, wie sie berichtete, auch Rassismuserfahrungen in Deutschland. Die „Menschen fassen mir – auch heute noch – ungefragt in die Haare“, berichtete Florence Brokowski-Shekete im Bennohaus. Ihr Leben lang begleitete Florence Brokowski-Shekete die Frage: „Wo kommen Sie eigentlich her?“. Die Antwort, „ich bin in Hamburg geboren und in Buxtehude aufgewachsen“, befriedige die Menschen nicht, denn eigentlich, so die Vortragende, wollten die Menschen wissen, woher ihre Eltern und Ahnen stammen. Der vermutlich schwerwiegendste Nachteil für die heranwachsende Brokowski-Shekete war sicherlich im unsicheren Aufenthaltsstatus als Heranwachsende begründet, den ihre „Mama“ schließlich mit einer Erwachsenenadoption beendete. Trotzdem konnte Florence Brokowski-Shekete ihren Kindheitstraum, Flugbegleiterin zu werden, nicht verwirklichen.

Florence Brokowski-Shekete las auf Einladung des May Ayim Rings Münster aus ihrer 2020 erschienenen Autobiografie „Mist, die versteht mich ja!“. (Fotos: Werner Szybalski)

Kein positives Bild von Afrika

Sehr zur Freude der Autorin waren am Samstagabend rund ein Sechstel der Gäste im Bennohaus Schwarze. Doch insbesondere die Teilnehmer*innen mit eigener Migrationserfahrung waren enttäuscht bis wütend, welches Bild Brokowski-Shekete von Afrika zeichnete. „Sie sprach, als wenn es in Afrika immer nur um Geld ginge. Dies ist weder in Nigeria so, noch in den vielen anderen Staaten des Kontinents“, schimpfte Tahiloo Oppong, der gemeinsam mit anderen sein Unbehagen mit dem vorzeitigen Verlassen der Lesung zeigte.

Ist Brokowski-Shekete ein Vorbild für Schwarze in Deutschland?

„Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten“, resümierte Organisator Werner Szybalski vom May Ayim Ring Münster: „Natürlich ist es extrem wichtig und gerade für junge Schwarze in Deutschland von herausragender Bedeutung, wenn Schwarze Menschen in der Politik, wie Aminata Touré in Schleswig-Holstein, im Sport, wie BVB-Trainer Otto Addo, unser Gast im Oktober, oder in der Verwaltung, wie Florence Brokowski-Shekete in Baden-Württemberg, beruflich in Deutschland erfolgreich sind. Allerdings müssen für den Vorbildcharakter immer die persönlichen Lebensumstände der erfolgreichen Schwarzen in Deutschland berücksichtigt werden. Heute hatte ich den Eindruck, dass unsere Vortragende mit einigen unserer Schwarzen Gäste kaum mehr als die Hautfarbe teilte. Trotzdem war unsere Veranstaltung mit der Erfolgsautorin sehr wichtig und richtig, denn Florence Brokowski-Shekete und ihr Lebensweg motivieren alle jungen Menschen, denn sie hat bewiesen: Es ist möglich!“

Der Saal des Bennohauses war bei der Lesung von Florence Brokowski-Shekete voll besetzt.

Die Durchführung der Veranstaltung war nur Dank der finanziellen Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW möglich.

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